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Evolution

#ATHLETESTORY #PUREMOUNTAINGIRLS

Das Jahr 2019 startete für mich mit einem Paukenschlag. Ich kletterte die für mich bis dato schwersten Routen: „Riflessi“ und „Cinque Uve“, beides 8c. Viel wichtiger ist jedoch, dass ich mich endlich wieder gut zu fühlen begann.

Das letzte Jahr war in Sachen Klettern für mich das wohl schwerste. Im Februar 2018 hatte ich mich am Rücken verletzt und konnte für lange Zeit nicht klettern. Zuvor hatte ich mich zwar schon ein paar Mal verletzt, dieses Mal war die Prognose jedoch eine andere. Ich lag im Bett, konnte nicht laufen und mir wurde klar, dass mein Physiotherapeut Recht hatte: Ich musste etwas ändern, um wieder gesund zu werden. Schließlich wollte ich an den Weltmeisterschaften in Innsbruck teilnehmen. Noch wichtiger aber war mir, weiter klettern zu können, und zwar noch für eine lange Zeit. Deswegen traf ich die schwierige Entscheidung, mich aus dem Wettbewerb zurückzuziehen. Herunterspringen war wirklich nichts, was meinem Rücken gut tun konnte. Ich wollte mir die Zeit nehmen, die mein Körper benötigte, um auszuheilen. Dieser Vorsatz war alles andere als einfach. Das erste Mal zurück an der Wand war ein Desaster. Es mangelte mir an Selbstvertrauen, ich fühlte mich wie eine andere Person. Klettern war für mich immer etwas ganz Natürliches gewesen und plötzlich war dieses Gefühl einfach weg. Also habe ich versucht, es einfach langsam anzugehen. Und ich konnte auf die bestmögliche Unterstützung zählen: Ich hatte das Glück, meinen Lebensgefährten Kilian, meine Familie, meine Freunde und Physiotherapeuten an meiner Seite zu haben.

Wieder zurück zum Februar 2019: „Riflessi“ zu klettern war etwas ganz Besonderes, denn nach fast einem Jahr dachte ich zum ersten Mal überhaupt nicht an meinen Rücken. Ich konzentrierte mich lediglich auf den nächsten Schritt, den nächsten Tritt, und kletterte fließend. Ich hörte nicht einmal, wie mich meine Freunde anfeuerten. Dieses Gefühl der vollen Konzentration ist wirklich einzigartig für mich: Ich spüre es nur, wenn mir etwas äußerst wichtig ist. Ich kannte dieses Gefühl von Wettbewerben und Bouldern, hatte es aber nie beim Sportklettern verspürt. Ich war überglücklich, als ich diese wunderschöne Route in Arco bewältigt hatte, die nach meiner Verletzung einen echten Wendepunkt darstellte.

Vieles hat sich seit meiner Verletzung verändert. Mein Rücken hat sich nicht vollständig erholt und wird wohl nie wieder ganz wie früher sein. Jedoch ist jede Verletzung auch eine Gelegenheit zur Weiterentwicklung. Ich kann vielleicht nicht mehr so viel bouldern wie früher, dennoch freue ich mich darüber, dass Klettern ein Sport mit so vielen Facetten ist. Beim Sport- oder Mehrseillängen-Klettern ist der Aufprall bei einem Fall weniger schädigend für meinen Rücken als beim Bouldern. Selbstverständlich habe ich unzählige Male vor meiner Verletzung das Seil eingebunden und war schon an anderen Formen des Kletterns interessiert. Nun möchte ich diese noch besser kennenlernen.

Außerdem gibt es so viele Klettergebiete auf der Welt, die ich noch sehen möchte. Nach fast einem Jahr, in dem ich keine größeren Reisen unternommen habe, freue ich mich darauf, in andere Länder zu reisen, neue Kulturen kennenzulernen und fremde Klettergebiete zu entdecken. Die Verletzung hat mich dazu gezwungen, mich anderen Kletterarten zu widmen und mich sowohl als Mensch als auch als Kletterin weiterzuentwickeln. Das Sport- und Mehrseillängen-Klettern sind also meine Art der Weiterentwicklung. Ich möchte das Klettern in all seinen Formen an unterschiedlichen Orten genießen und habe hierfür schon viele Pläne geschmiedet.

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