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Benjamin Kalra unterwegs in den Stubaier Alpen

Hüfthoher Powder und zwei Dreitausender - Zu Dritt allein in den Stubaier Alpen

#SALEWA3000

 

Anfang März schneite es in den Stubaier Alpen. Hüfthoher, unverspurter Schnee verzierte die Hänge und Couloirs der alpinen Bergwelt rund um den Hinteren Brunnenkogel (3.325 m).
Benjamin Kalra, Spitzname Ben, tauchte gemeinsam mit seinen Freunden Manuel Margesin und Jakob Fliri für drei Tage in diese verschneite, windstille Welt ein, um mindestens einen der 784 österreichischen Dreitausender zu besteigen. Für das SALEWA3000-Projekt setzten die Drei sich den Hinteren Brunnenkogel zum Ziel. Am 2. März, früh am Montagmorgen, startete Ben in Fieberbrunn.

Zu diesem Zeitpunkt wusste noch keiner von uns, was in den nächsten Tagen und Wochen auf uns zukommen würde. Anfang März war Covid-19 zwar bereits ein Begriff. Doch die bevorstehenden, weltweiten Ausgangsbeschränkungen waren noch nicht vorstellbar. Vom Skibergsteigen sollten wir für die nächste Zeit lediglich träumen dürfen. Ben Kalra, 26 Jahre jung, wuchs in Fieberbrunn auf. Es wundert daher nicht, dass er als kleiner Junge zeitig in die Skistiefel und später als Freerider in die Contest Szene einstieg. In der Freeride Worldtour Qualifier (FWQ) Serie fuhr er zahlreiche 4-Sterne-Bewerbe und jeder Bewerb trug dazu bei, dass sich Ben innerlich weiter vom Wettkampfsport der Freeride-Szene entfernte: „In den letzten Jahren hat sich meine Sicht auf den Bergsport verändert. Bei der FWQ dabei zu sein, war eine großartige Erfahrung. Auf meine heutige Beziehung zur Bergwelt hatten diese Bewerbe sicherlich einen starken Einfluss.“ Der gelernte Spengler- und Dachdeckermeister träumte als Jugendlicher davon, Profisportler zu werden. Ben wollte sein Geld mit der Ausübung des Sports verdienen, der ihn am meisten erfüllte. „Doch je näher ich meinem damaligen Ziel kam, je weniger erfüllte das contestgetriebene Freeriden mich“, so erinnert sich Ben. „Die Schönheit der Natur, der Respekt, den wir ihr zollen sollten. Das passte für mich nicht mehr zusammen mit den Grundgedanken der Freeride Worldtour.“ Anstatt „by fair means“ ging es mit dem Helikopter zum Start der Contest-Strecke. Ein Aspekt, der Benjamin mit jedem Contest, an dem er teilnahm, weniger gefiel. Immer öfter zog es ihn mit seinen Freunden, die er teils seit Kindesbeinen sowie vom Fieberbrunner Freeride Club Snowgirls kennt, in die abgelegenen Berge, die er nur aus eigener Kraft erreichen konnte. Er entdeckte, dass die Berge so viel mehr für ihn bereithielten, als er bisher erfahren durfte. Heute, mit 26 Jahren, hat er einen neuen Traum: Er möchte im nächsten Jahr mit der Aufnahme für die Ausbildung zum Berg- und Schiführer beginnen.

„Ich träume davon – egal wo auf der Welt – Berge zu entdecken. Selbständig und mit bestem Wissen entscheiden zu können, wo und wie ich hinauf und wieder herunterkomme,“ erklärt Ben. Seine Vorfreude ist ihm anzuhören, als wir Anfang Mai mit ihm telefonieren. Er möchte uns von seiner SALEWA3000-Tour vor der Ausnahmesituation erzählen. Drei unwirkliche Tage, die, rückblickend betrachtet, noch mehr an Wert gewinnen konnten. „Am Montagmorgen starteten wir in der Früh in Fieberbrunn. Wir hatten uns zwei Nächte im Westfalenhaus (2.273 m) eingebucht und entschieden uns dafür, unser Gepäck mit der Materialseilbahn hochtransportieren zu lassen“, erzählt Benjamin am Telefon. Die Wettervorhersage ließ zu wünschen übrig: Schnee, Nebel und Wind waren vorhergesagt. Keine guten Vorrausetzungen für die Besteigung des anspruchsvollen 3325 Meter hohen Hinteren Brunnenkogel. Die drei Freunde kamen bis zum Längentaler Joch. Unter ihnen war ein Heeresbergführer. Manuel Margesin stieg voran. Er wurde aber wenig später mit sehr starkem Gegenwind konfrontiert. „Ihn hat es fast umgeblasen“, erinnert sich Ben. „Zudem war es sehr kalt. Gefühlte Minus 20 Grad hatte es an diesem Morgen. Unsere Finger waren fast angefroren.“ Die Drei mussten die Besteigung des Hinteren Brunnenkogel abbrechen. Sie kehrten früher als geplant im Westfalenhaus ein. Außer Ben, Jakob und Manuel war lediglich eine deutsche Familie zu Gast in der Berghütte der Alpenvereinssektion Münster des Deutschen Alpenvereins. 50 Schlafplätze bietet das Westfalenhaus. Zudem eignet es sich als Ausgangspunkt für schöne Bergtouren im Sommer wie im Winter. Anfang März blieben fast alle Schlafplätze frei. Ben erinnert sich an das gute Essen, den netten Abend und daran, dass zu später Stunde noch Gitarre gespielt wurde.

Am nächsten Morgen verließen die Fieberbrunner die warme Hütte gegen 9.00 Uhr. Die Wettervorhersage war für den Dienstag leider auch nicht besonders gut. In der Nacht war es windstill gewesen. Und es hatte durchgeschneit. „Wir liefen in traumhaftem Powder los in Richtung Hinterer Brunnenkogel. Es war bewölkt und wir waren uns auch an diesem Morgen nicht sicher, ob es sinnvoll ist, an unserem eigentlichen Ziel festzuhalten“, erzählt Ben. Auf halber Höhe zum Längentaljoch öffnete sich das Wolkenmeer und gab den Blick auf einen Gipfel frei: Die Schöntalspitze (3002 m) rückte in den Blickwinkel der drei Freunde. Die Schöntalspitze bietet genau zwei Meter mehr als notwendig, um für das Projekt SALEWA3000 gelten zu dürfen.
Ben, Jakob und Manuel wählten den Gipfel, der sich ihnen anbot. Nach Grat-Kletterrei mit Steigeisen und einer „irre schönen“ Tiefschnee-Abfahrt kehrte das eingespielte Team wieder im Westfalenhaus ein. Ein weiterer lustiger Hüttenabend folgte.
Auch in der Nacht von Dienstag auf Mittwoch schneite es durch. Wieder war es windstill. Anders als an den Tagen zuvor war die Vorhersage traumhaft. Eine unglaubliche Stille lag über dem Gebiet, das sich vor den Bergsteigern erstreckte. Sie waren allein. Weit und breit unverspurtes Gelände. Erneut zogen sie los in Richtung Hinterer Brunnenkogel. Mit dem Wissen, dass die Rinne zum Gipfel „nicht ohne“ ist, zogen sie unterwegs mögliche Alternativen in Betracht. „Auch am dritten Tag entschieden wir uns gegen die Besteigung des Hinteren Brunnenkogels. Die Rinne hätte uns wohl wieder ausgespuckt“, berichtet Ben. „Wir hatten traumhafte Bedingungen und für uns war mit dem Längentaler Weißer Kogel (3.217 m) schnell ein Ersatz gefunden.“
Der alternative Dreitausender schenkte den Dreien (und uns) nicht nur einen zweiten SALEWA3000-Gipfel, sondern auch eine 1500 Meter lange Abfahrt in unverspurtem, hüfthohem Powder.
„Die drei Tage waren fast zu schön, um wahr zu sein. Mit Jakob und Manuel bin ich schon immer viel in den Bergen unterwegs. Durch sie lerne ich immer wieder Neues. Wir unterstützen uns alle gegenseitig und teilen die gleiche Leidenschaft zur Bergwelt,“ sagt Ben. Ben ist glücklich, dass er so einen großartigen Freundeskreis hat. Menschen, die in seiner Nähe sind und sich ebenso wie er, „ohne Berge nicht wirklich wohl fühlen“. Wir hoffen, dass Ben, seine Freunde und die Kollegen der Snowgirls Fieberbrunn ganz bald wieder solche erhebenden Momente teilen dürfen. Bis dahin erfüllen Erinnerungen wie diese uns mit (Vor-)Freude!

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