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Simon Gietl durchsteigt die Drei Zinnen erstmals im Alleingang

#ATHLETESTORY

Cima Ovest (2.973m), Cima Grande (2.999m), Cima Piccola (2.857m), Punta di Frida (2.792m), Cima Piccolissima/ Torre Preuß (2.700m) – in dieser Reihenfolge traversierte unser Athlet Simon Gietl die Drei Zinnen innerhalb von zwei Tagen im Alleingang. Geplant waren zwei Biwaks. Eines reichte dem Südtiroler aus, um diese intensiven Solo-Tage am heimischen Fels „wunschlos glücklich“ und „ganz bei sich“ zu meistern. Ein Projekt, dass Simon Gietl im Winter 2016 erstmals gemeinsam mit dem deutschen Kletterer Michi Wohlleben erfolgreich bewältigte. Schon damals keimte in ihm der Gedanke, diese Reise einmal solo zu klettern.

Am frühen Sonntagmorgen des 23. Februar stieg Simon – nach einer motivierenden Erkundungstour am Vortag – bei starkem Wind aus nordwestlicher Richtung in die Wand der westlichen Zinne ein. „Die Seillängen am Samstag bestätigten mich darin, die Traverse solo zu versuchen. Es fühlte sich gut an, alleine unterwegs zu sein. Also deponierte ich mein Klettermaterial und plante für die Traverse zunächst zwei Biwaks ein,“ berichtet Simon Gietl rückblickend. Als er die ersten Höhenmeter hinter sich brachte, fühlte er sich „genau am richtigen Ort“.

Trotz des starken Nodwestwindes lief es gut. Simon setzte sich zum Ziel, schnellstmöglich die Westliche Zinne zu passieren, da er sein Material zwischen Cima Ovest und Cima Grande deponiert hatte. „Da ich lediglich einen Notfall Biwaksack eingepackt hatte, wollte ich sichergehen, dass ich meinen geplanten Biwakplatz auch wie vorgesehen erreiche“, erklärt Simon weiter. Den höchsten Punkt der Westlichen Zinne erreichte er um etwa 13.40 Uhr. 2 Stunden und 20 Minuten später traf der Südtiroler über den „tiefwinterlichen Normalweg“ an seinem Biwakplatz ein. Noch voller Tatendrang nutzte er das Tageslicht, um weitere Seillängen zu klettern: „120 Meter der Dülfer-Verschneidung waren an diesem ersten Tag noch drin. Dort fixierte ich mein Kletterseil und ein 5mm Kevlarseil.“

Im Stirnlampenlicht kehrte Simon zu seinem Biwak zurück, um etwas zu kochen und die Nacht vorzubereiten. Er registrierte, dass der Wind sich verstärkte und war dankbar und froh über sein „windgeschütztes Biwakplätzchen“. Im Schlafsack liegend ging er die vergangenen Stunden nochmals durch, spürte in sich hinein und realisierte, wie weit er bereits gekommen war. „Ich hatte ursprünglich zwei Biwaks geplant. Als ich so da lag, kam mir der Gedanke, dass ich das zweite Biwak einfach auslassen könnte. Das wurde dann zu einem fixen Plan.“

Am Montagmorgen gegen 7.00 Uhr startete Simon hochmotiviert bei leichtem Schneetreiben und erneut starkem Wind mit dem festen Ziel, die Solo-Überschreitung an diesem Tag zu Ende zu bringen. Bereits um 9.20 Uhr blickte er von der Cima Grande in die Weite und auf den Weg, der noch vor ihm lag. Er ließ sich kurz Zeit für einige Bilder und stieg zügig über den Normalweg ab. Am Wandfuß der Cima Piccola pausierte Simon Gietl erstmals: „Ich wusste, dass die letzten drei Routen zwar nicht mehr besonders schwierig sind, ich aber dennoch vollkonzentriert weiter gehen musste. Auch merkte ich, dass ich bereits einiges an Energie eingesetzt hatte und nicht mehr 100% zur Verfügung hatte.“ Ohne Seilpartner an seiner Seite blieb nur Simon selbst, um sich gut zu zureden und zwischendrin zu ermahnen: „Kontrolliere die Griffe, bevor Du ihnen voll vertraust!“.

11.43 Uhr zeigte seine Uhr, als er die Cima Piccola überschritt. Kurzerhand ging es über die Nordwand (Innerkofler-Führe) hinunter bis zum Sattel zwischen der Cima Piccola und der Punta di Frida. Der Grat führte den Kletterer zum höchsten Punkt der Punta di Frida. Anschließend ging es ohne Pause schnell weiter hinab in die Nervenschlucht. Der letzte Aufstieg lag vor ihm: „Ich war schneller als gedacht so weit gekommen und hatte die letzten Höhenmeter des Preußturms vor mir. Diese waren nicht mehr schwer und ich brachte sie schnell hinter mich“.

Um exakt 14.00 Uhr füllten Tränen die Augen des Bergsteigers – er hatte den letzten Gipfelpunkt – den Preußturm – dieser Solo-Reise „wunschlos glücklich“ erreicht. Für diesen Moment, 2.700m über dem Boden, ließ er sich Zeit. Nun blieb nur noch das Abseilen über den Preußriss hinunter zu „festem Boden“. Diesen betrat Simon gegen 15.00 Uhr. Für Simon ist das Bergsteigen lebensbestimmend. Seine Projekte schenken ihm nicht nur weitere Momente des Erklimmens, Meisterns, Erfolgs. Für ihn sind diese intensiven Stunden, enorm wichtige Phasen des „in sich Hineintauchens“. Die Winter-Traverse der Drei Zinnen im Alleingang führte Simon Gietl wieder einmal hoch hinaus und ganz besonders eben auch ganz nah zu sich selbst.

Im Jahr 2016 gelang Simon Gietl diese Traverse im Winter mit dem deutschen Kletterer und Bergführer Michi Wohlleben. Danach reifte in Simon der Wunsch, diese Unternehmung einst allein zu versuchen. Mehrmals verschob er das Projekt, weil er sich noch nicht dazu bereit fühlte. Nun hat er es geschafft und diese Reise bot ihm genau das, was er gesucht hatte. „Ich wollte für mich allein sein und dabei genau das machen, was ich am liebsten tue.“

Das hat geklappt. Und zudem genau an dem Ort, an dem er sich, wie Zuhause in der Familie, verstanden fühlt. Simon lässt die Drei Zinnen wieder einmal hinter sich – im Gleichgewicht und ganz bei sich selbst.

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