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Weltfrauentag: Zehn Frauen starten mit Skiern auf das "Böse Weibl"

#SALEWA3000

Maria Egger ist staatlich geprüfte Berg- und Schiführerin. Sie ist eine von 25 Bergführerinnen Österreichs, die die professionelle Bergführer-Ausbildung gemeistert haben. Zum Vergleich: Es gibt aktuell 1407 österreichische Männer, die in den Bergen weltweit Führungsqualitäten beweisen. 1382 mehr Männer als Frauen. 

Im Nachbarland Deutschland ist die Situation des Verbands deutscher Berg- und Skiführer (VDBS) ähnlich. Die Bundesrepublik zählt insgesamt elf Frauen und rund 600 männliche Kollegen, die das Führen am Berg voll- und nebenberuflich ausüben.
Zwei Frauen ebneten den Weg im Jahr 1988: Christine Welzl und Helene Steiner absolvierten die Ausbildung zur österreichischen Berg- und Schiführerin. Anfangs waren Frauen trotz identischem Ausbildungsstand bei der österreichischen Bergrettung nicht zugelassen. Erst im Jahr 2001 erhielt Christine Welzl die offizielle Erlaubnis, als aktives Mitglied der Bergrettung beizutreten.

19 Jahre später gibt es 25 Berg- und Schiführerinnen. Eine von ihnen ist Maria Egger. Sie führt uns am 8. März 2020, dem International Women´s Day, auf eine Dreitausender-Tour in Osttirol. Wir haben für diese „Girls Only“-Tour auf das Böse Weibl (3.119m) gewählt. „Wir“ das sind unsere Salewa-Kolleginnen Ilaria und Giulia. Die Influencerinnen Jolana Dandl, Bettina Brunauer und Verena Helminger begleiten uns ebenso wie Kathrin Rat aus der Bergwelten-Redaktion und Marie-Theres Franke vom Österreichischen Alpenverein. Den Führungspart übernehmen Maria Egger (35 Jahre), aufgewachsen auf einem Bauernhof am Mittersiller Sonnberg und Berg- und Schiführerin seit sieben Jahren, und Yvonne Koch, einer Berufskollegin von Maria.

Gemeinsam mit ihrem Mann, der ebenfalls Berg- und Schiführer ist, rief Maria vor sechs Jahren die Bergschule Gipfelreich ins Leben. Von Bramberg am Wildkogel aus führt das Paar Touren weltweit – „nicht immer gemeinsam, aber zusammen sind es die schönsten Erlebnisse“. Das Bergsteigen und die Liebe zu den Bergen liegt ihr im Blut – die Hohen Tauern vor der Nase durfte Maria mit ihrer Familie unzählige Wochenendausflüge in die nahe Gebirgswelt unternehmen. „Wenn ich an meine Kindheit denke, denke ich an Bauernhof und Berge. Das sind, neben meiner Familie, wohl die prägendsten Elemente. Für mich ein kleines Paradies am Fuße der Hohen Tauern“, erinnert sich Maria Egger, die vor 1,5 Jahren selbst Mutter eines Mädchens wurde. Ein Mädchen, dass wohl ähnlich paradiesisch aufwachsen darf wie Maria und ihre zwei Brüder.

Die Berg- und Schiführerin war zehn Jahre alt, als sie ihre erste Skitour auf einen Dreitausender erlebte. Damals bestieg sie mit ihren Eltern den Gipfel des Stubacher Sonnblicks (3088m). Dieser Berg der Granatspitzgruppe in den Hohen Tauern befindet sich genau auf der Grenzlinie zwischen Osttirol und Salzburg. Er ist aufgrund seiner Lage auf dem Alpenhauptkamm relativ stark vergletschert. Und er hat bei Maria bleibende Erinnerungen hinterlassen: „Ich kann mich gut daran erinnern, dass meine Eltern mir sagten, es gäbe hier oben einige Gletscherspalten. Ich hatte unheimlichen Respekt vor diesen Spalten und stieg höchst aufmerksam hinter meinen Eltern bergauf“, erinnert sich Maria an den Tag vor 25 Jahren. Das Material war damals eher einfach und sicher nicht das Beste. „Mit einem Mal rutschte ich bei einer Spitzkehre aus und fand keinen Halt. In den Sekunden, in denen ich rutschte, dachte ich, jetzt ist es aus. Für mich war klar, dass ich in eine Gletscherspalte rutschen würde.“ Dies war aber glücklicherweise nicht der Fall. Die damals Zehnjährige konnte sich abbremsen, da es wieder etwas flacher wurde, und nach kurzer Pause mit Vater und Mutter weiter aufsteigen.

Ihr beruflicher Weg führte sie über einen kleinen Umweg zum Berg zurück. „Nach der Schule absolvierte ich eine Bankausbildung und arbeitete anschließend auch einige Zeit in der Sparkasse“, erzählt Maria. Rückblickend war das lehrreich, da sie schnell merkte, dass dieser Beruf sie wenig erfüllte und den Drang, draußen unterwegs zu sein, nur noch verstärkte. Mit der Ausbildung zur Berg- und Schiführerin erfüllte sich Maria einen „lang ersehnten Traum“. „Die Berge sind mein Leben. Ich bin glücklich, dass ich dieses Leben mit meinem Mann Berni voll auskosten und teilen darf“, sagt Maria und das Glück sieht man ihr an. „Bergführen ist ein absolut schöner Beruf. Man ist ständig unterwegs und kann die Arbeit fast immer so gestalten, wie man möchte. Für mich ein Traumberuf, der sehr viele Freiheiten bietet.“ Aktuell nimmt sich die Pinzgauerin die Freiheit, viel Zeit mit ihrer Tochter zu verbringen. „Die Berge müssen ein bisschen warten. Wobei wir viel mit der Kleinen draußen sind. Für sie ist das ähnlich selbstverständlich wie für mich damals. Es ist wunderbar, ihr das alles weitergeben zu dürfen“, lacht Maria.

Die Bergführer-Familie Egger richtet ihr Angebot aufgrund des Nachwuchses möglichst lokal aus. „Die Heimat bietet eine großartige Spielwiese für jede Disziplin,“ so Maria. Am meisten liebt sie das Klettern. In ihrer Jugend nahm sie an mehreren Wettbewerben teil und erwarb unter anderem einen Titel bei einer Staatsmeisterschaft. Mittlerweile widmet sie sich allerdings lieber dem Naturfels als das sie in der Halle trainiert. Naturfels – eine Materie, die sich ganz wunderbar mit ihrem Beruf verbinden lässt.
Ein Beruf, der auch heute noch deutlich von Männern dominiert wird. Maria hat aufgrund dessen aber keine negativen Erfahrungen gemacht. Weder in der Ausbildungszeit von 2011 bis 2013. Noch in den Führungsjahren danach. „Wir wurden damals ganz selbstverständlich für die Bergführerausbildung aufgenommen und es herrschte aus meiner Sicht absolute Gleichstellung“, erinnert sich Maria. Ein einziges Mal erlebte sie, dass ein Gast etwas irritiert reagierte, als Maria vor ihm stand. Oder besser: vor ihr. Die Dame, die eine Tour auf den Großvenediger gebucht hatte, reagierte prompt: „Ich habe doch einen Bergführer gebucht!“
Dem Ehemann der pikierten Dame war diese Aussage höchst peinlich und es stellte sich im Verlauf der Tour heraus, dass sie einen feschen, jungen Bergführer erwartet hatte für den geführten Venediger-Ausflug mit ihrem eigenen Mann. Maria lacht als sie davon erzählt. Die Venediger-Tour sei dann aber für alle Teilnehmer sehr schön gewesen.

Bei der "Girls Only Tour" auf das Böse Weibl wird dies nicht passieren.
Wir alle freuen uns, dass uns an diesem besonderen Tag, eine Frau auf den Gipfel des Dreitausenders führt. Der Weltfrauentag wird seit dem Jahr 1921 jährlich gefeiert. Vor genau 99 Jahren wurde der Tag als internationaler Gedenktag etabliert und rückt seitdem jedes Jahr erneut die Emanzipation der Frau und die Gleichberechtigung in den Fokus.

Am 8. März warten rund 1200 Höhenmeter auf uns. Eine Woche noch bis dahin. Wir können es kaum erwarten, auf dem Gipfel zu stehen und frohen Mutes, beschwingt und voller Euphorie weit in die Zukunft zu blicken.

Maria Maria